Interview: CousCous – Crowdfunding, Promotion und Konzeptalbum

Das Dresdener Duo CousCous steht nicht nur für ‚märchenhaften‘ Pop, sondern auch für rundum schlüssige Konzepte. Mit dem neuen Album – besser: Projekt – „Tales“ steht das nächste Werk bevor. Wie schon beim Vorgänger „Paper Tiger“ nutzen die Musiker Tine Schulz und Moritz Eßinger erneut Crowdfunding zur Finanzierung ihres Vorhabens. Wir haben mit den beiden gesprochen über eben jenes Crowdfunding, die Bewerbung der Kampagne, Promotion im allgemeinen und natürlich über „Tales“…

Julian Angel (J.A.): Nachdem Euer erstes Album „Paper Tiger“ zumindest der Aufmachung nach schon eine Art Konzeptalbum war, geht Ihr jetzt mit „Tales“ ein in puncto Konzept ein ganzes Stück weiter.

Moritz (M.):  Überhaupt ein Album aufzunehmen ist heutzutage für eine Indie-Band schon fast etwas außergewöhnlich. Viele produzieren heute eher mal eine EP oder gleich einzelne Songs direkt für YouTube etc. Für uns war klar: Wenn wir ein vollständiges Album machen, dann muss es dafür einen Grund geben, etwas, das die Songs verbindet. Bei „Tales“ ist das ein modernes Märchen, das wir parallel zum Kompositionsprozess geschrieben haben.

Tine (T.): : Das hat als kleine Geschichte angefangen und ist am Ende zu einem 80-seitigen Buch gewachsen. Die CD wird konsequenterweise auch nicht im Digipack ausgeliefert, sondern als Teil des Buches.

J.A.: Das ist wirklich eine interessante Sache, zumal sich Euch durch das Buch sicherlich weitere Türen in Bezug auf Vermarktung und Auftrittsmöglichkeiten öffnen könnten.

M.: Generell ist ein Buch etwas zeitloses, während eine CD nicht mehr jedermanns Sache ist. Deshalb soll das Buch auch hochwertig und besonders schön werden, so dass man es schon von außen gerne ansieht und es beim Aufschlagen Spaß macht.

T.: Es wird auf jeden Fall spannend. Bei den Konzerten werden wir ja immer auch aus dem Buch vorlesen – und wir haben auch vor, neben klassischen Musik-Venues auch in Buchhandlungen oder Bibliotheken aufzutreten. Dann ist der Fokus eventuell mehr auf der Lesung und die Musik unterstützt.

J.A.: Eure Liebe zum Detail hat mir ja schon bei „Paper Tiger“ gefallen. Darf ich zwischendurch fragen, wie sich der Papiertiger zum Selberfalten verkauft hat?

T.: Der Papiertiger ist ein Renner. Sogar über unseren Online-Shop wird er regelmäßig bestellt. Bei Liveauftritten legen wir jeder CD einen bei – das ist als Verkaufsargument schon fast ausreichend. Er ist ja auch das perfekte Haustier: Er frisst nichts, spricht nicht und sieht knuffig aus. Nur waschen sollte man ihn nicht (lacht).

J.A.: Damals wie heute nutzt Ihr Crowdfunding zur Finanzierung der Produktion, zu der ja dieses Mal noch der Buchdruck hinzukommt. Wie sind Eure generellen Erfahrungen mit dieser Methode, vor allem aber mit der Akzeptanz des Ganzen bei den Fans? Vielen Menschen kommt das bestimmt auf den ersten Blick verdächtig vor…

M.: Gerade 2012, als ja in Deutschland noch kaum jemand davon gehört hatte, waren die Reaktionen enorm positiv. Natürlich muss man die Methode erst einmal erklären. Auch wenn Crowdfunding immer bekannter wird, kennen noch recht wenige den tatsächlichen Ablauf und verbinden damit eher Spenden. Es ist aber schnell erklärt, dass man sich für seinen Beitrag in diesem Zeitraum tolle „Dankeschöns“ sichern kann. Mit dem Gesamtkonzept Buch/Illustration/Musik haben wir diesmal scheinbar einen Nerv getroffen, wir bekommen tolle Reaktionen von den Fans – und auch viel Unterstützung.

J.A.: Crowdfunding Kampagnen haben ja auch ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Welche Elemente Eurer beiden Kampagnen haltet Ihr für die wichtigsten bzw. die erfolgreichsten?

T.: Wichtig ist immer, dass man das Ganze klar kommuniziert, und bei allem glaubhaft und authentisch bleibt. Und man sollte sich immer darüber im Klaren sein: Crowdfunding für Musik ist nie ein Selbstläufer. Es ist ein Vollzeitjob, wenn auch vielleicht der Schönste auf der Welt.

J.A.: Die Bewerbung solch einer Kampagne bedarf im Grunde einer weiteren Marketingkampagne. Wie geht Ihr vor, um Eure Sache publik zu machen?

M.: Viele verbinden Crowdfunding primär mit dem Internet – aber tatsächlich funktioniert es unserer Erfahrung nach nur, wenn man es real, wenn man es persönlich macht. Ein gutes Pitchvideo und ein gut geschriebener Text auf der Plattform sind natürlich wichtig, aber den Ausschlag gibt die direkte Kommunikation. Wir haben zum Beispiel alle Supporter aus 2012 und viele unserer wichtigsten Kontakte direkt angeschrieben – per Postkarte, nicht per Email.

T.: Eine schöne Postkarte ist ein tolles Medium. Ein Flyer landet schnell im Papierkorb, aber unsere Postkarten von 2012 hängen heute noch bei unseren Fans und Freunden am Kühlschrank oder im Büro. Auf den 1000 Postkarten, die wir diesmal gedruckt haben, ist vorne eine bunte Illustration aus dem Buch zu sehen, mit den Worten: „Ich will Träume. Ich will Farben. Ich will Musik.“

M.: Außerdem sind wir für die drei Monate ständig unterwegs. Neben knapp 40 Konzerten nutzen wir auch jede Gelegenheit für Straßenmusik, telefonieren, schreiben Nachrichten…

J.A.: Laut Kickstarter kommen bis zu 40% der Crowdfundingerträge über persönliche Kontakte zustande. Könnt Ihr ungefähr aufschlüsseln, über welche Quellen Eure Geldgeber zu Euch gekommen sind? Gibt es tatsächlich auch jene interessierten Menschen, die auf den Portalen gezielt nach unterstützenswerten Projekten suchen?

T.: Die gibt es tatsächlich. Interessanterweise haben wir jetzt beim Postkartenschreiben festgestellt, dass auch 2012 schon die meisten Supporter keine persönlichen Kontakte waren. Die meisten neuen Supporter erreicht man aber tatsächlich über Konzerte.

J.A.: Ihr habt bereits den erfolgreichen Charakter ‚altmodischer’ Methoden angesprochen. Meine Lieblingsfrage ist immer die nach der Zusammensetzung der Musikverkäufe. Wie sieht denn bei Euch das Verhältnis physisch zu digital aus?

M.: Der CD-Verkauf ist für uns neben den Konzertgagen Einnahmequelle Nummer Eins. iTunes, Spotify und co. bezahlen einmal im Monat ein Abendessen: Immerhin (lacht). Von „Paper Tiger“ haben wir mittlerweile knapp 700 Stück verkauft.

J.A.: Das finde ich wirklich erstaunlich, zumal ich finde, dass Eure Musik zwar zeitlos, dennoch absolut zeitgemäß ist und somit ja auch die ganz junge Generation anspricht, die ja doch überwiegend mit dem Handy konsumiert…

T.: Ja, das ist wirklich erstaunlich. Wir machen uns beim Songschreiben ja völlig frei von Stilfragen und machen uns gezielt gar keine Gedanken darüber, wer was hören möchte. Aber unsere Zielgruppe ist scheinbar völlig altersunabhängig – wir hatten schon tolle Konzerte in Studenten-WGs, im Rentner-Kurort und jetzt kürzlich erst vor einem Zelt voller Kinder und Eltern. Das Feedback ist immer unheimlich positiv.

J.A.: Du sprichst es gerade an, auch live seid Ihr mit rund 80 Gigs pro Jahr sehr aktiv. Welche Rolle spielen Eure Konzerte? Dienen sie der Bewerbung von Tonträgern und Merchandise oder sind sie eine richtige Einnahmequelle für Euch?

M.: Nahezu unsere gesamten Einnahmen kommen direkt oder indirekt durch Konzerte zustande. Klar kommen auch regelmäßig Bestellungen über den Online-Shop rein. Die Klicks und Streams im Internet gehen aber auch primär in Folge der Medienpräsenz rund um die Tour hoch.

J.A.: Zuletzt noch Eure persönlichen Tips and alle MusicBiz Madness Leser…

Beide: Geht zur MusicBiz Madness (lachen)

J.A.: Oh, danke für die Blumen. Der Scheck ist unterwegs…

M.: Im Ernst: Knüpft und pflegt Kontakte, baut euch ein Netzwerk auf und vor allem: Unterstützt euch gegenseitig. Es „allein“ zu schaffen, ist so gut wie unmöglich und macht auch nur halb so viel Spaß.

T.: Und ganz wichtig: Macht die Musik, die direkt aus dem Herzen kommt.

J.A.: …und Eure „Famous last Words“:

M.: Die sind nicht von uns, sondern von Michael Ende: “Tu was Du willst.”

J.A.:  Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für das Interview genommen habt. 

 

Offizielle CousCous Website

Crowdfunding Campagne zum Album/Buch „Tales“

Foto Credit: Markus Clauß.

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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