Interview: Rotem Hecht

Musik machen für Film, TV und Werbung ist nach wie vor ein heißes Thema, genauso wie die das Arbeiten über das Internet. Heute sprechen wir mit Rotem Hecht, einem Komponisten aus Israel, der kaum mehr weiter vom Geschehen entfernt leben könnte und trotzdem Musik für Mercedes, Audi, Hershey’s, Hasbro und Microsoft gemacht hat. Die Videos zeigen Euch ein paar seiner Werke.

Julian Angel (J.A.): Du kannst auf eine beachtliche Anzahl interessanter Referenzen als Komponist für Film, TV und Werbung blicken. Wann hast Du damit angefangen und wie lange hat es gedauert, bis Du regelmäßige Aufträge erhalten hast?

Rotem Hecht (R.H.): Eigentlich war ich zunächst eher als Produzent für Interpreten in Israel tätig gewesen. Hin und wieder habe ich dann kleinere Aufträge vom lokalen Kinder TV Kanal bekommen. Das habe ich ungefähr fünf Jahre lang gemacht, es war aber sehr schwer gewesen, davon zu leben, gerade wenn Du in einem Land mit schwacher Wirtschaft lebst, und in dem nicht allzu viel für solche Dienstleistungen gezahlt wird.

2011 habe ich dann angefangen, für Kunden aus dem Ausland zu arbeiten. 99,5% meiner Arbeit mache ich inzwischen für ausländische Kunden aus aller Welt. Dazu ist es für mich nach wie vor wichtig, mich zu vermarkten – und ein paar Facebook Posts reichen da natürlich nicht aus. Das bedeutet sehr viel Arbeit für mich, aber ich höre nie damit auf, denn auf diese Weise bekomme ich meine Aufträge. Vor kurzem habe ich Kontakte zu ein paar Agenturen hergestellt, die mich vertreten könnten, so dass ich mich mehr auf die Musik konzentrieren kann. Aber bis es so weit ist, nehme ich alles weiterhin selbst in die Hand.

J.A.: Deine Arbeiten hören sich an, als handle es sich dabei um gezielte Auftragskompositionen. Bekommst Du mehr Anfragen nach maßgefertigter Musik als nach bereits fertigen Songs?

R.H.: Ich mache ausschließlich Auftragskompositionen. Ich empfinde es als viel leichter, etwas neues zu produzieren, als vorhandene Songs zu vermarkten und zu lizenzieren. Schließlich bin ich ja Komponist und kein Musikeditierer (lacht).

J.A.: Klar, das Editieren kommt dann meist noch hinzu, um den vorhandenen Song zurecht zu stutzen. Wie gehst Du aber genau vor, um an Deine Aufträge zu kommen?

R.H.: Ich kontaktiere jeden, egal ob Music Supervisor, Produktionsfirma oder Kameramann. Überall können sich Möglichkeiten auftun – oder auch nicht. Aber ich werde es nie herausfinden, wenn ich es nicht versuche.

Mit allgemeinen Music Libraries hatte ich bisher keine Erfolge, deshalb arbeite ich nur mit Music Libraries, die exklusives Material anbieten, mich gezielt danach fragen und auch dafür bezahlen oder zumindest ein festes Projekt in Aussicht stellen.

J.A.:Wie viele sind das?

R.H.: Das sind vier. Trotzdem können Music Libraries natürlich ein guter Einstieg sein.

J.A.: Bleiben wir kurz bei Music Libraries. Wie siehst Du deren Zukunft?

R.H.: Inzwischen gibt es zu viele Libraries, die Deine Musik für wenig bis gar kein Geld anbieten wollen. Da sollten Musiker nicht mehr mitmachen. Gerade mit den nicht-exklusiven Libraries habe ich keine guten Erfahrungen gemacht, da sie die Musik eben zu billig verkaufen und folglich nur sehr wenig an die Musiker auszahlen. Exklusive Libraries sind wesentlich seriöser, da sie bessere Kunden haben. Über solch eine exklusive Library habe ich Musik für einen Filmtrailer machen können, das war sehr gut – in jeder Hinsicht (lacht).

J.A.: Film, Fernsehen, Werbung, Games – was lohnt sich am besten?

R.H.: In Fernsehserien. Schon alleine, weil die Serien oftmals wiederholt werden, die großen sogar weltweit, und dafür gibt es natürlich ordentlich Tantiemen von den Verwertungsgesellschaften.

J.A.: Du lebst und arbeitest in Israel. Ist es inzwischen ohne weiteres möglich, an einem Ort fernab der großen Szene zu arbeiten, oder würdest Du anderen Musikern raten, lieber nach New York oder Hollywood umzusiedeln?

R.H.: Es ist immer gut, dort zu sein, wo die Industrie boomt. Wenn Du es aber verstehst, Dich durch die virtuelle Welt zu vermarkten, kannst Du auch von anderen Orten aus erfolgreich arbeiten. Die meiste Zeit arbeite ich wirklich zu Hause, habe aber inzwischen weitaus mehr Kontakte in den USA. Du musst nur ordentlich Druck machen, um Erfolg zu haben. Manche Kollegen leben direkt in Hollywood, haben aber kaum Kontakte. Ich war einen Monat lang dort und bin mit neuen Aufträgen im Gepäck nach Hause geflogen.

J.A.: Du hattest das Internet schon angesprochen. Könntest Du uns seine Bedeutung für Dich noch einmal genauer erläutern?

R.H.: All meine Kunden, mit denen ich in den letzten drei bis vier Jahren zusammengearbeitet habe, habe ich über das Internet gefunden. Damit meine ich, dass ich sie direkt angeschrieben habe. Über Social Media kann ich zwar meine Werke präsentieren, Kunden habe ich darüber aber noch nie gewonnen. Oh doch, einen (lacht).

J.A.: Deine Musik deckt eine große Bandbreite ab von Dance über Rock bis hin zu Kinderliedern. Hältst Du diese Vielseitigkeit für wichtig? Oder spezialisierst Du Dich lieber auf ein bestimmtes Genre?

R.H.: Ich finde, Du musst in sämtlichen Genres zu Hause sein. Gerade in der Werbung wird eine Vielzahl an Stilistiken gefragt, und wenn sie wissen, dass Du das alles bedienen kannst, engagieren sie Dich umso lieber.

J.A.: Wie lange sitzt Du an einem Auftrag von der Ideenfindung bis zur Fertigstellung?

R.H.: Das hängt von der Komplexität der Musik und der gewünschten Länge ab. Ich bin Pianist, und für 30 Sekunden reine Pianomusik brauche ich manchmal nur ein paar Minuten. Für ausgefeiltere Arrangements brauche ich zwischen 30 Minuten und vier Stunden.

J.A.: Was macht Dir am meisten Spaß an Deiner Arbeit?

R.H.: Es macht wirklich viel Spaß, einem Video durch Musik Leben einzuhauchen. Außerdem mag ich die Herausforderung, in neuen Stilrichtungen zu arbeiten. Wenn ich eine Anfrage für Musik bekomme, deren Genre mir neu ist, nehme ich gerne an und erziehe mich also selbst in der jeweiligen Richtung. Oh, und für all das bezahlt zu werden, ist auch nicht schlecht (lacht).

J.A.: Letzte Frage: Wer hat den Kindergesang zu den Cartoons gemacht, die Du vertont hast?

R.H.: Manchmal stellen die Produktionsfirmen die singenden Kinder, hin und wieder singe ich aber auch selbst, manchmal meine Frau oder mein eigenes Kind (lacht).

J.A.: Hab vielen Dank für dieses Ausführliche Interview mit Dir. Jetzt kannst Du wieder auf die Pianotastatur einhämmern…

Mehr über Rotem Hecht, seine Musik und Referenzen findet Ihr auf seiner Website www.rotemmusic.com

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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