Warum Musik (für manche) an Wert verliert

Und noch eine Meinung zum Thema, das die Musikwelt beherrscht. Die Preise sinken, Hörer (nicht Fans) fordern, Geschäftsmodelle liefern und diejenigen, die etwas hätten bewirken können, haben tatenlos zugesehen. Ein paar Gründe – und ein Lösungsansatz direkt für Musiker.

Man kann den Kids von heute nicht wirklich böse sein, wenn sie den Wert von Musik nicht (er)kennen. Wer mit gewissen Preis- (und Gratis-)modellen aufgewachsen ist, ist im Nachhinein nur schwer dazu zu bewegen, plötzlich mehr zu bezahlen – und verständlicherweise auch entrüstet. Und wer für 4,99 im Monat tausende von Songs streamen kann, tut sich obendrein schwer, die Verhältnismäßigkeit eines 12-Track Albums zum Preis von 12,00 bis 15,00 Euro zu erkennen. Man könnte sagen, dass wir schon zu tief im Sumpf stecken. Ein Ausweg scheint sehr schwierig, lediglich eine Stagnation des Preisniveaus würde noch ein kleines Maß an Sicherheit bieten.

Die Verursacher
Illegale Tauschbörsen haben ihren erheblichen Teil zum Werteverfall beigetragen, vielmehr soll hier aber eingegangen werden auf immer neue Geschäftsmodelle – beziehungsweise auf das Nachahmen bereits existierender Modelle.

Ob Downloadportal oder Streamingdienst, sie alle bieten im Grunde das gleiche an. Keiner kann mit einem besseren Repertoire punkten, auch nicht mit einem besseren Erlebnis, denn das Erlebnis – nämlich die Musik – bleibt am Ende auch das gleiche. Folglich bleibt der einfachste Weg, sich als Anbieter Marktanteile zu sichern, der Preis. Der Preis für den Verbraucher genauso wie für Werbekunden.

So wird es leider auch künftig immer wieder jemanden geben, der wenn auch nur kurzfristig weniger Geld verlangen wird als die anderen – und damit das „gefühlte“ Preisniveau senkt.

Auch im Bereich der Filmmusik (oder böse: Stockmusic) gibt es zunehmend Billiganbieter, die nicht mit Qualität werben, auch nicht mit Kompetenz, sondern mit dem Preis. Kann man als unbekannter Musiker in den USA für eine TV-Platzierung eines Songs noch Synch-Fees zwischen 300 und 900 Dollar kassieren – ähnlich hohe Tantiemen obendrein –  gibt es Portale in Nah- und Fernost, bei welchen man die zeitlich und räumlich uneingeschränkten Nutzungsrechte an einem Musikstück für ganze 20 Dollar erwerben kann.

Zuschauen statt handeln
Die Industrie hat nahezu tatenlos zugesehen. Jedenfalls viel zu lange, wodurch sich ihre Verhandlungsposition entschieden zu ihren Ungunsten verändert hat. Man hat wohl in viel zu gutem Glauben der Idee einer Beteiligung an Werbeeinnahmen und Blankolizenzen zugestimmt, statt klar Stellung zu beziehen und zu sagen „Unter dem Preis X bekommt Ihr unsere Musik nicht mehr“.

Die Anzahl der per Flatrate genutzten Songs steigt weitaus stärker als die der User- und Werbeeinnahmen, die der Anbieter zur Finanzierung nutzt. Folglich muss der Kuchen an immer mehr Hungrige aufgeteilt werden, wodurch die Stücke natürlich immer kleiner werden.

Es hätte ruhig jemand aufstehen und sagen dürfen „Liebe Geschäftsmodellierer, wenn Ihr es nicht schafft, genügend Geld einzunehmen, um den Rechteinhabern für jeden Song den angemessenen Betrag X zu zahlen, ist Euer Geschäftsmodell eben gescheitert“. Schließlich kann ich auch nicht einfach einen Supermarkt eröffnen, den Liter Milch für einen Cent anbieten und die Bauern mit wüsten Parolen in die Knie zwingen.

Ein Lösungsansatz für Musiker
Während Industrie und Politik noch Chancen haben, auf ganz lange Sicht irgendetwas zu bewirken, stehen „kleine“ selbstvermarktende Musiker im Grunde alleine da. Sie werden den Markt nicht über Nacht ändern können. Sie können lediglich das beste für sich machen.

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Fans statt Konsumenten
Statt sich mit dem eigenen Musikmarketing an jene Musikkonsumenten zu wenden, die sich mal schnell den Hit von der Strandbar oder den letzten WM Song besorgen wollen, findet man als Musiker dankbare Abnehmer in den echten Fans. Das sind jene Menschen, die einen eigenen Musikgeschmack entwickelt haben, aktiv nach neuer Musik in ihrer Richtung suchen, diese Musik bewusst hören, ihren Wert und die Arbeit der Musiker schätzen und nicht selten richtige Musiksammler sind.

Diese Fans gilt es, direkt und über entsprechende Medien in solch scheinbar obskuren Stilnischen wie Reggaeton, Doom Metal, Schranz oder Jump Blues zu erreichen.

In meinem Fall sind das zum Beispiel Melodic Rock- und Hair Metal Fans, zu 75% männlich, über 35, die ich kaum auf Facebook finde, sondern die vielmehr mich finden durch CD Kritiken, Interviews, Einsätze in geneigten Online Radiosendungen oder beim Durchstöbern einschlägiger Shops. Und diese Fans wollen so gar nicht gerne streamen oder Downloaden, sondern kaufen zu über 90% CDs.

Fans, ihre Gewohnheiten und ihr Kaufverhalten sind natürlich in jeder Stilecke anders – tatsächlich gibt es sie aber, Liebhaber der guten Musik. Die Promotion der eigenen Musik sollte sich also zielgerichtet an jene Menschen wenden, die von sich aus schon bereit sind, für Musik angemessene Preise zu zahlen – das Bekehren der „Ungläubigen“ darf gerne hinten an gestellt werden.

So sehr einen die letzte Spotify Abrechnung vielleicht verwundern mag, so wütend man auch wird, wenn man sein eigenes Album zum illegal-kostenlosen Download im Netz findet – nicht ärgern (zumindest nicht über die 10-Minuten-Marke hinaus…), sondern die richtigen Fans bedienen. Diese Gruppierung ist deutlich kleiner als die trendabhängige breite Masse, aber sie ist begeisterungsfähig und loyal.

In anderen Worten: lieber einen neuen Fan finden, der auch meine nächsten vier Alben kaufen wird, als zehn Konsumenten umwerben, die sich einmalig je einen Song besorgen, weil er gerade hip ist. Hip und angesagt sein ist lange kein Indikator für großen Erfolg. Wann habt Ihr zum letzten Mal Nana Mouskouri im Radio gehört? Die gute Dame hat weitaus mehr (über 250 Millionen) Alben verkauft als 99% aller Interpreten, die täglich über den Äther in die Büros, Werkstätten und an die Bügelbretter gelangen. Sie hat eben eine treue Fangemeinde.

Also, baut weiter an Eurer loyalen Fangemeinde. Das ist heute mühselig, aber am Tag der Ernte ein wahrer Segen…

Aktionsplan

  • eigenen Stil definieren (das geht, in irgendeine (Haupt-)Schublade passt jeder)
  • eigene Zielgruppe definieren (welcher Art Mensch gefällt genau diese Musik)
  • Zielgruppe finden (welche Blogs, Websites, Magazine liest sie…)
  • damit wären gleichzeitig die passenden Medien gefunden
  • Mailorder Shops in genau dieser Stilecke finden
  • die passenden Medien bemustern, Shops bestücken
  • niemals aufhören

 

Viel Erfolg

– Julian Angel

P.S. die MusicBiz Madness Konferenz 2014 findet am 12.10.  in Frankfurt statt. Alle Infos findest Du hier.

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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