In letzter Zeit häufen sich Berichte und gute Ratschläge über außergewöhnliche Veranstaltungsorte. Auf Dächern von Hochhäusern, in U-Bahnstationen, Steinbrüchen oder mitten in der Straßenbahn treten Musiker auf und die Medien freuen sich über neues Futter. Doch lohnen sich solche Auftritte an außergewöhnlichen Orten – oder bleibt am Ende nur der Publicity-Gag übrig?
Ich mag es gerne vorweg nehmen: für noch unbekannte Musiker ist es ratsam, weiterhin in Clubs aufzutreten, die einem gewissen Stammpublikum als sichere Anlaufstelle für gute Livemusik dienen. Erst ab einem größeren lokalen Bekanntheitsgrad kann es einer Band gelingen, ihre Fangemeinde an außergewöhnliche Orte zu locken.
Die finanziellen Risiken zeigen sich nämlich in aller Deutlichkeit. Nehmen wir einen Steinbruch als Veranstaltungsort. Man muss eine Genehmigung beim Ordnungsamt einholen, die Geld kostet. Sicherheitsvorkehrungen („Wegsicherungspflicht“) müssen getroffen werden. Der Getränkeverkauf muss organisiert werden. Gegebenenfalls Absperrungen, Kassen- und Sicherheitspersonal und nicht zuletzt eine Bühne, Technik und Stromerzeugung, nicht zu vergessen die Werbung. Selbst bei kleiner Ausrichtung belaufen sich die Kosten schnell auf vierstellige Beträge, so dass in jedem Fall über 100 zahlende Besucher angelockt werden müssen, um überhaupt aus den roten Zahlen zu gelangen.
Die Band Erdmöbel trat 2012 auf dem Dach des Kranhauses 1 im Kölner Rheinauhafen auf. 20 Besucher durften mit aufs Dach, alle anderen konnten am Boden über Funkkopfhörer zuhören und über eigens dafür bereitgestellte Bildschirme zuschauen. Eine wirklich gute und originelle Idee, nicht um Geld zu verdienen, sondern um Publicity zu erzeugen. Für Newcomer zum Bekanntwerden aber wohl weniger geeignet.
Wenn ein bekannter Act plötzlich in einer Fußgängerzone auftritt, ist das den Medien eine Meldung wert. Tut das aber eine unbekannte Band, hält man sie einfach für gewöhnliche Straßenmusiker.
Man muss sich also im Klaren darüber sein, was man will: ein gewinnbringendes Konzert veranstalten oder einfach nur Aufmerksamkeit erregen.
Für ein sich finanziell lohnendes Konzert muss eine entsprechende Bekanntheit vorhanden sein, um ein ausreichend großes Publikum dafür begeistern zu können. Selbst dann ist es eine gute Idee, dem Konzert ein Thema zu Grunde zu legen. „Beachparty mit XY“ klingt für das breite Publikum interessanter als „XY am 01.08. live im Freibad“.
Wenn es rein darum geht, mit außergewöhnlichen Liveaktionen auf sich aufmerksam zu machen, sollte der Kosten-Nutzen Faktor unbedingt in Betracht gezogen werden: Werden wir mit diesem (finanziellen) Aufwand ausreichend neue Fans gewinnen, die unsere Musik kaufen und unsere (normalen) Konzerte besuchen? Entsprechende Hinweise oder gar bestätigte Einladungen an die Presse dürfen natürlich nicht fehlen, ebenso empfiehlt es sich, eine mit Bildern versehene Pressemitteilung im Nachhinein an alle überregionalen ggf. auch internationalen Medienkontakte zu schicken.
Für bekannte Acts mit entsprechendem Budget (oder neuerdings gerade in diesem Bereich mit einem Telekom-Sponsoring) sind solche außergewöhnliche Gigs ein tolles Werbemittel. Newcomer mit geringeren Mitteln sollten die Sache behutsam angehen, das Rechnen nicht vergessen und sich selbst eine ehrliche Antwort auf die Frage geben: „Kommt jemand, wenn wir das machen?“.
Wie immer viel Erfolg
– Julian Angel
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