Interview: Godslave (Bernie)

Durch einen wirklichen Zufall bin ich über die deutsche Thrash Metal Band Godslave gestolpert und habe dabei eine interessante Story über die geschäftliche Seite des Quintetts kennen gelernt. Also habe ich Gitarrist Bernie angerufen, der sich sehr gesprächsbereit gezeigt hat, um viele wichtige „Geheimnisse“ preiszugeben wie die perfekte Zeit zum Posten, den guten Ruf oder das Kaufverhalten der „Slave Crew“.

Julian Angel (J.A.): Hi Bernie, wie immer und überall, stelle Dich bitte kurz vor.

Bernie (B.): Ich bin Bernie, Gitarrist und Quasi-Bandmanager der Thrash Metal Band Godslave. Wir befinden uns gerade in unserem fünften Jahr und versuchen seither, uns so gut es geht, auf dem Markt bzw. in der Szene zu positionieren.

J.A.: Du sagst gerade „Quasi-Manager“, was tust Du denn alles in diesem Bereich?

B.: Alles (lacht). Unser Sänger Thommy und ich sind die Gründer und Visionäre der Band, und während sich Thommy mehr um Dinge wie Merchandise kümmert, sehe ich zu, dass sich die Band unseren Vorstellungen entsprechend entwickelt. Ich interessiere mich auch sehr für das Musikbusiness, innovative Marketingideen und dergleichen, so dass mir dieser Posten ganz gut steht. Mit zunehmendem Interesse werden natürlich Augen und Ohren immer offener, so dass das Ausprobieren neuer Ideen und Methoden ein niemals endender Prozess ist, der uns hoffentlich auch immer weiter bringen wird.

J.A: Wie findest Du solche neuen Ideen und Methoden?

B.: Da werde ich oft bei anderen Bands fündig. Man kann viele Bands aufmerksam beobachten, und auch wenn die stilistisch rein gar nichts mit uns zu tun haben, finden sich da immer wieder Möglichkeiten und Ansätze, die man dann in abgewandelter Form für sich nutzen und umsetzen kann.

J.A.: Das kann ich bestätigen. Auch ich sauge jegliche Form von Werbung oder Marketing auf, egal ob sie nun aus den Bereichen Metal, Hip Hop oder vom Gemüsehändler um die Ecke kommt. Was tut Ihr denn konkret, um mit Godslave nach vorne zu kommen. Gibt es bestimmte Methoden, die Euch besonders auszeichnen?

bernie_gtrB.: Etwas ganz eigenes haben wir wohl nicht, wie ich schon gesagt habe, findet man vieles auch bei anderen Bands in etwas abweichender Form wieder. Was uns aber wohl am wichtigsten ist und auch am wirkungsvollsten erscheint, ist die Fanbindung. Man würde das wohl im Fachjargon als Customer Relations bezeichnen (lacht). Hier sind wir mit speziellen Angeboten sehr aktiv, bemühen uns aber auch fernab des kommerziellen Gedankens sehr um unsere Fans. Das Ganze rührt aus einer Zeit, als unser Sänger Thommy wegen Stimmproblemen die Musik fast schon aufgeben musste, wir aber gerade während dieser Phase, in der wir eben nicht auftreten oder Musik produzieren konnten, sehr viel Zuspruch von den Fans bekommen haben. Daraus entstand dann ein Austausch, der die Band eigentlich am Laufen, also in den Köpfen der Menschen gehalten hat.

J.A.: Ihr wart also „hinter den Kulissen“ sehr aktiv. Ich finde auch, dass gerade Leerlaufphasen am schwierigsten sind, um sich oder eine Band am Markt zu halten. Was tut Ihr denn genau in Bezug auf die Fanbindung? Man vollzieht ja dabei oftmals eine Gratwanderung zwischen Unterhalten und Nerven.

B.: Am Anfang stand eine allgemeine Promotion. Hierzu haben wir in wirklich mühsamer Recherchearbeit ganz gezielt passende Magazine herausgesucht und angeschrieben, um Reviews und damit eine gewisse Aufmerksamkeit zu bekommen. Später haben wir mit SAOL Music einen externen Promoter beauftragt, unsere Reichweite zu vergrößern und damit noch mehr potentielle Fans auf uns aufmerksam zu machen.
Wir sind sehr aktiv bei Facebook. Wie Du schon sagst, kann man da den Leuten sehr schnell auf den Sack gehen, indem man wild umher postet. Wir haben uns daher zur Aufgabe gemacht, genau einmal täglich etwas sinnvolles zu posten, also wirkliche Inhalte zu vermitteln. Das tun wir dann wirklich jeden Tag und immer zur selben Zeit.

J.A.: Interessant. Hat sich dabei eine bestimmte Uhrzeit als besonders effektiv herausgestellt?

B.: Ich habe da sehr lange das Internet durchstöbert, um Angaben und Hinweise zu finden, wann die Menschen ihre Freizeit am PC verbringen. Da gibt es viele Theorien, für uns hat sich 18.30 Uhr als sehr effektiv erwiesen. Damit erreichen wir eben jene Gruppe Menschen aus Deutschland, was aktuell unser Kerngebiet ist, die sich nach der Arbeit für eine halbe Stunde oder länger an den Computer setzen und nachsehen, was so passiert ist. Also posten wir täglich um 18.30, außer Samstag, da ist das Ganze ausgehebelt. Die Top Zeit für uns ist Sonntag um 18.30, da veröffentlichen wir dann Woche für Woche das ‚Godslave Wort zum Sonntag’.

J.A.: Ich halte Dich also gerade vom Posten ab…?

B.: Nein, nicht wirklich. Dafür gibt es ja Programme, die das automatisch ausführen und sich sogar wochenlang im Voraus programmieren lassen (lacht).

J.A.: Dieser Post oder diese Serie heißt tatsächlich ‚Wort zum Sonntag’, auch Euren Newsletter nennt Ihr nicht ‚Newsletter’, sondern ‚Crew’s Letter’. Es steckt also eine gewisse Thematik hinter den Methoden, die Ihr zur Fanbindung anwendet.

B.: Genau. Wir wollen nicht einfach einen normalen Newsletter veröffentlichen. Solche Informationen posten wir ja ohnehin auf Facebook, das alles im Newsletter einfach zu wiederholen, wäre absolut redundant. Unsere Fans sind die ‚Slave Crew’, daher auch der Name ‚Crew’s Letter’. Hier sorgen wir dafür, dass unsere hardcore Fans die richtig wichtigen Meldungen als erste erfahren. Außerdem erhalten unsere Crew’s Letter Abonnenten immer wieder besondere Angebote zu Merchandise oder CDs, eben als eine Art Dankeschön für die besonders enge Bindung zu uns.

J.A. Kannst Du Vergleiche ziehen zwischen dieser sehr persönlichen Newsletter und den allgemeinen Standard eMails mit Konzerthinweisen?

B.: Leider nicht. Ich hatte lange Zeit nichts von Newslettern gehalten, bis ich mich durch entsprechende Literatur davon überzeugen lassen habe. Daraufhin haben wir auch gleich mit unserem speziellen Crew’s Letter angefangen. Das war noch gar nicht lange her, das Ganze muss sich also erst noch etablieren. Aktuell stehen wir noch vor der Herausforderung, unseren Facebook Freunden den Mehrwert des Crew’s Letter näher zu bringen bzw. sie davon zu überzeugen. Die Reaktionen derer, die ihn bisher abonniert haben, sind aber durchweg positiv.

J.A.: Wie können wir uns die besonderen Angebote an Eure Fans vorstellen?

B.: Wir verschicken zum Beispiel nur über den Crew’s Letter ganz rohe Demoversionen von neuen Songs. Nichts, worauf man soundtechnisch besonders stolz sein könnte, das sind wirklich nur Song Layouts mit Drumcomputer und meiner Stimme. Die Fans können dadurch einerseits die Entstehung eines Songs mitverfolgen und zum anderen einfach näher dran sein als alle anderen.

J.A.: Ihr habt gemeinsam mit der Band Hatred, die übrigens auch bei MusicBiz Madness dabei waren, die Tour „Thrash, Ihr Affen“ gespielt, vor allem aber habt Ihr die Tour selbst organisiert. Wie seid Ihr dabei vorgegangen?

bernie_kleinB.: Wir haben uns mit Hatred zusammengetan, die schon zwei Tourneen mit organisiert hatten. Wir haben also gemeinsam ein Artwork für die Tour und die Plakate entworfen und jede Band hat dabei mit Hilfe ihrer Kontakte Gigs klargemacht. Dabei haben wir darauf geachtet, dass Entfernungen und Clubgröße immer in einem vernünftigen Verhältnis zueinander standen, so dass wir gute Chancen hatten, unsere reinen Spritkosten auf jeden Fall wieder hereinzuholen. Für jeden Gig haben entweder wir selbst oder der Veranstalter eine oder zwei lokale Vorbands organisiert, die dann auch das Equipment gestellt haben. Das war für uns der wichtigste Punkt in Sachen Kosteneffizienz.

J.A.: Unverschämte Frage, hat es sich finanziell gelohnt?

B.: Ja, hat sich gelohnt.

 

J.A.: Sehr gut. Ihr wart auch schon Opener für Bands wie Sodom und Destruction. Wie seid Ihr dazu gekommen? Musstet Ihr dafür zahlen?

B.: Wir haben uns bei den Veranstaltern in unserer Gegend wirklich einen guten Ruf erspielt. Die wissen, dass bei Godslave alles passt und rund läuft und dass wir eine gut geölte Maschine sind. Wenn dann also irgendwo eine Band gesucht wird, wenden die Veranstalter sich gerne mit einem guten Gefühl an uns. So kamen wir auch vor kurzem zu einem Gig mit Anthrax, denen die Vorband ausgefallen war. Ich habe an einem Donnerstag den Anruf bekommen, ob wir am Samstag mit Anthrax spielen könnten, und als ich aus meiner Ohmnacht wieder erwacht war, habe ich zugesagt (lacht). Zum Gig mit Sodom kamen wir über deren Website, da gab es einen Aufruf, dass für jeden Gig eine lokale Vorband gesucht wurde. Das war eine sehr coole Sache.

J.A.: Ich halte es immer für extrem wichtig, auch jenseits der Bühne ein professionelles Verhalten zu zeigen. Schön, dass es sich für Euch ausgezahlt hat. Wie vertreibt Ihr Eure Musik?

B.: Unser letztes Album wurde von HART vertrieben, was durch die Zusammenarbeit mit SAOL zustande gekommen war. Für das aktuelle Album haben wir dann ein eigenes Label gegründet und HART diesmal direkt angefragt, und da das Album davor gut gelaufen ist, haben sie uns für einen europaweiten Vertrieb zugesagt. Das betrifft sowohl CDs als auch Downloads.

J.A.: Hast Du einen Einblick, wie sich bei Euren Verkäufen CDs zu Downloads verhalten?

B.: Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Aber ich würde einmal grob 70% CDs und 30% Downloads schätzen. Rein was die Masse angeht, nicht das Geld, das dabei herumkommt.

J.A.: Okay. Das deckt sich mit dem, was mir viele Rock und Metal Musiker erzählen, bei denen geht es teilweise bis zu 90:10. Deshalb rate ich immer allen Bands, unbedingt CDs pressen zu lassen.

B.: Das würde ich sofort unterschreiben. Nur alleine mit Downloads bleibt zu viel auf der Strecke liegen. Wir haben im Rock / Metal Bereich natürlich auch ein sehr dankbares Publikum, das einfach sehr gerne CDs kauft. Schau Dir doch die Charts an, da stehen zur Zeit immer mehr Metal Bands. Also rein die Überlegung, im Rock und Metal Bereich auf CDs zu verzichten, finde ich, ehrlich gesagt, hirnrissig. Wir haben einen Livemitschnitt gemacht und wollten den als kostenlosen Download anbieten. Viele unserer Fans sind richtige Sammler, folglich haben die sofort nach einer CD gefragt. Wir haben uns daraufhin entschieden, eine limitierte Auflage von 77 Stück zu jeweils 7 Euro anzubieten. Die CDs waren innerhalb einer Woche weg, während niemand den kostenlosen Download genutzt hat.

J.A.: Ihr habt aktuell zwei Videoclips am laufen. Das heißt, neben Social Media, dem Newsletter und den Liveauftritten habt Ihr noch ein weiteres Promotiontool in der Tasche. Was läuft denn für Euch davon am besten? Woher kommen die meisten neuen Fans?

B.: Video auf jeden Fall nicht. Da haben wir ziemlich enttäuschende Clickzahlen, die ich auch nicht wirklich verstehen kann. Aber gut, egal, wir machen weiter. Die hochwertigsten Fankontakte kommen durch Liveauftritte. Die Masse, über die wir uns bekannt machen können, rekrutieren wir hauptsächlich über Social Media.

J.A.: Nehmen wir noch Magazine und Websites hinzu. Welche Rolle spielen die für Euch?

B.: Eine extrem wichtige. Über Reviews und Newsmeldungen bekommen wir immer wieder neue Seitenzugriffe und Facebook Likes.

J.A.: Was steht als nächstes bei Euch an?

B.: Wir haben am 27. September (2013) unser neues Album „In Hell“ europaweit veröffentlicht, danach eine Release Party gefeiert, und jetzt geht es auf eine Tour mit Wochenend Gigs, die bis kurz vor Weihnachten dauern wird.

J.A.: Deine Famous last words oder Tips an andere Musiker…

B.: Da sage ich etwas sehr kryptisches. Man sollte nicht nach den Antworten suchen, sondern sehen, dass man sich die richtigen Fragen stellt.

J.A.: Da wird Bernie noch philosophisch. Vielen herzlichen Dank für das nette und vor allem ausführliche Interview, genieße Deine gefüllte Zucchini…

Godslave Website
Godslave bei Facebook

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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