Nun ‚müssen‘ wir sie doch bekanntgeben: die freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem Recording-/Business-/Musik-/[usw.]-Portal delamar.de. Künftig werden wir gegenseitig exklusive (!) Gastartikel schreiben und veröffentlichen, also Artikel, die bisher weder bei delamar.de noch bei MusicBiz Madness veröffentlicht worden sind. Hier ist also der erste delamar Artikel von Carlos San Segundo:
Vocals: Die geheime Zutat, über die keiner spricht
Wenn es um gute Vocal-Aufnahmen geht, beginnt die Obsession vieler Bands und Musiker. Aber braucht es tatsächlich das megateure und geheimnisvolle Mikrofon, Relikt aus vergangenen Epochen mit den originalen Röhren und eingetrocknetem Staub der Nachkriegsära? Gehen überzeugende Stimmaufnahmen nur mit diesem einen handverdrahtetem Mikrofonvorverstärker in den heiligen Hallen der Abbey Road Studios? Die Wahrheit ist: nein. Braucht es nicht. In diesem Artikel erfährst Du die eine geheime Zutat, über die keiner spricht.
Die geheime Zutat
Sie heißt Emotion. Du bist noch da? Das ist gut. Die meisten anderen Leser sind bereits an dieser Stelle abgesprungen und suchen jetzt wieder nach einem guten Mikrofon, das für 300,- Euro den legendären Neumann-Sound kann, oder dem einen Mikrofonvorverstärker, der als einziger in der Lage ist, das letzte Quäntchen Brillanz aus dem alten Röhrenmikrofon von Annodazumal zu kitzeln.
Doch die Wahrheit ist viel simpler als das, was uns die Marketing-Versprechen der Hersteller in der Werbung einschlägiger Magazine glauben machen wollen. Eben jene Hersteller leben nämlich vom Verkauf immer neuer Hardware und kommen deswegen mit noch besseren und hipperen Modellen an den Markt. Modelle und Versprechen, die Zweifel in vielen Musikern aufleben lassen. Die Lösung hingegen ist viel preiswerter als der Zukauf neuer Geräte – sie kostet in erster Linie nur deine Mühe (und gegebenenfalls die der Künstler, falls Du derjenige sein solltest, der aufnimmt).
Hörerwartung
Dass meine eben getätigten Behauptungen in der Tat Sinn ergeben, wird klar, wenn wir uns die Hörerwartung der Musikkonsumenten vor Augen führen. Dazu gehen wir gedanklich einfach in die eigene Jugend zurück und denken daran, wie wir unsere ersten Schallplatten, Kassetten, CDs oder MP3-Downloads erworben haben. Mit welcher Erwartung bist Du in den Laden gegangen und hast dir die neue Scheibe von XYZ auf die Kopfhörer geben lassen?
Ich beispielsweise war immer gespannt darauf, wie das neue Album klingen würde. Ja. Aber damit habe ich damals nicht gemeint, ob der Sänger so oder so aufgenommen wurde. Ob die Gitarre mit diesem oder jenem Verstärker gespielt wurde. Vielmehr hat mich interessiert, ob die Band noch immer denselben Stil verfolgt hat oder plötzlich zu kommerziell für meinen Geschmack wurde.
Wenn ich mir die CD einer mir (noch) unbekannten angehört habe, dann habe ich nur die Songs eingeschätzt und es gab nur drei Meinungen: „geht mir nicht rein“, „och, naja“ und „muss ich haben“. Und genau so ergeht es dem Großteil Musikkonsumenten noch immer.
Es geht um geile Musik.
Vocals als Fenster zur Seele
Und geile Musik kommt aus gutem Songmaterial und einer überzeugenden Performance zustande. Da wir hier über Vocals sprechen, lasse ich andere Instrumenten beiseite. Doch es gilt im Prinzip dasselbe – nur: bei den Vocals ist es am auffälligsten.
Von Geburt an, sogar davor sind wir Menschen auf das Wahrnehmen von Stimmen getrimmt. Erst ist es die Stimme der Mutter, später die der Familie, Freunde und Bekannten um uns herum. Wir lernen sehr schnell, die Emotionen unserer Mitmenschen richtig einzuschätzen – selbst dann, wenn wir nur die Stimme hören und das Gesicht dazu nicht sehen können.
So dürfte es auch kaum mehr verwundern, dass selbst Laien aus einer Vocal-Aufnahme deren Stimmung heraushören können. Diese können vielleicht nicht formulieren, was sie stört oder warum sie einen Song nicht mögen. Auf einer unbewussten Ebene hören sie aber heraus, ob der Sänger bei der Ballade mitgelitten hat oder bei einem Uptempo-Stück Spaß hatte.
Singen ist Schauspielern
In der Umsetzung bei einer Aufnahme bedeutet das für den Sprachkünstler nichts anderes als Schauspielern. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, die echten Künstler von den Wannabes. Echte Gefühle zu empfinden und diese in die eigene Stimme zu legen, erfordert nämlich eine Menge Mut, den viele Vokalisten aus Angst vor einem Seelenstriptease nicht aufbringen.
Wer aber trotz preiswertem Equipment überzeugen möchte, der hat es selbst in der Hand, besser gesagt in der Stimme. Mit der richtigen Einstellung bereitet das Gehirn den Körper und die Stimme als Instrument vor. Im Vorfeld sollten zunächst alle technischen Details geklärt sein: Text auswendig lernen sowie ausreichend üben, um jeden Ton sicher zu treffen.
Dann geht es bei der eigentlichen Aufnahme nur noch darum, sich auf die Message des Songtextes und die darin verwobene Emotion zu fokussieren. Mit Hilfe von Gefühl und Phrasierung machst Du dir den Text zu Eigen und transportierst die Message hörbar zum Musikkonsumenten. Und dazu musst Du das wirklich meinen, was du gerade singst.
Und ewig…
Natürlich könnte ich weitere Faktoren aufzählen, die eine Vocal-Performance noch mehr glänzen lassen. Beispielsweise ausgeruht und mit genügend Vorlaufzeit zum Aufnahmetermin zu erscheinen, sich ordentlich einsingen oder stressfrei an die Sache gehen. Auch auf der technischen Seite gilt: Die perfekte Performance klingt mit einem guten Mikrofon natürlich besser als mit einem schlechten.
Aber: Eine unterdurchschnittliche Performance wird von keinem Studiomikrofon dieser Welt wettgemacht. Stattdessen wurden in der Vergangenheit unzählige Hits, die bis zum heutigen Tag im Radio laufen, mit kleinem Budget und technisch veralteter Hardware aufgenommen. Also mit Geräten auf Band gebannt, die nach aktuellen Standards höchstens als unterdurchschnittlich durchgehen würden.
Sie haben sich bis heute gehalten, weil sie mit der richtigen Einstellung sowie richtig viel Emotion gespielt und gesungen wurden – weil nur diese sich auf den Zuhörer überträgt.
– Carlos San Segundo (delamar.de)
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