Abzocke: Songplugging

If all else fails, sue – wer im Showgeschäft Geld brauchte, versuchte sich bisher im Verklagen früherer Freunde. Doch ein neuer Geschäftszweig hat sich aufgetan, der sogar noch nicht einmal richtiges Können voraussetzt:

Man verlangt Geld, um Musikern eine Chance zu geben. Da haben wir sie nun wirklich, die Lotterie. Die Chance auf einen Bericht, die Chance auf Airplay, die Chance auf Filmplatzierungen, ja sogar die Chance auf einen Plattendeal – und für alles zahlen die Musiker.

Für 20 Dollar hört sich also ein „von einem Label exklusiv beauftragter Experte“ einen Song an und entscheidet, ob dieser den Anforderungen des Labels entspricht, um ihn dann entweder an den A&R Manager weiter zu leiten – oder eben auch nicht. In jedem Fall kassiert er das Geld. Von vielen. Für seine herausragende Leistung.

Als aufgeklärter Mensch fragt man sich dann: Wäre dieser „Experte“ und seine Verbindungen zur Industrie wirklich so gut, warum gibt er sich dann mit 20 Dollar von, sagen wir, hundert Musikern zufrieden? Wäre er wirklich in der Lage, einen Deal an Land zu ziehen, könnte er durch eine Erfolgsbeteiligung ein vielfaches seiner Einsendegebühren verdienen. Will er das nicht? Er kann es wohl nicht. Der Slogan „Du behältst alle Deine Rechte“ wirkt dabei noch regelrecht wohltätig.

Solche Dienstleister, egal ob einzelne Songplugger oder größere Firmen können also nur von vorneherein darauf abzielen, ihren Gewinn durch Einsendegebühren zu machen, da die wesentlich verlockendere Erfolgsbeteiligung offensichtlich nicht greifbar ist.

In anderen Worten: Ein seriöser Songplugger würde doch nicht mit schlechten Demos seinen Ruf bei den Labels aufs Spiel setzen. Wenn er aber einen Hit wittert, würde er den Teufel tun und sich mit 100 oder 200 Dollar Honorar abspeisen lassen. Stattdessen würde er auf eine Beteiligung an den Tantiemen bestehen.

Keine Sorge, nicht jeder ist gleich ein Betrüger. Manche tun dies gewissenhaft und bieten sogar „echte“ Gelegenheiten an, wollen mit ihren Gebühren lediglich die Stümper abschrecken. Andere wiederum kassieren tatsächlich nur ab. Zwischendrin agieren viele Individuen, die uns zu gerne die Bewerbungsarbeit und das lästige Verschicken abnehmen, am Ende aber auch keine besseren Kontakte haben als wir selbst.

Ob man sich auf derartige Chancen einlässt oder kostenpflichtige Presskits erstellt, um hier und da per Losentscheid einen Zeitungsbericht zu ergattern, obliegt jedem selbst. Ich persönlich – und das bin nur ich – arbeite mir lieber den Hintern ab, tanke die gesparten Einsendegebühren lieber in mein Auto und fahre persönlich bei denen vor, mit denen ich ins Geschäft kommen will.

Zum Schluss noch ein Rat von Jim Peterik (Survivor „Eye Of The Tiger“) aus dem – durchaus unterhaltsamen – Buch „Songwriting For Dummies: „Bezahle niemals jemanden im Voraus, in der Branche wird nur auf Erfolgsbasis gearbeitet (sinngemäß aus dem Englischen)“.

– Julian Angel

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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