Warum Major Labels Streaming geil finden

Stell Dir mal folgendes vor: Du bist jemand vom Kaliber einer Dolly Parton oder eines Mick Jagger. Du bist Songwriter und Interpret Deiner Songs in einem und hast Deine Karriere spätestens in den 70er Jahren begonnen, wenn nicht früher, und Du bist noch am Leben.

Du hast einige Alben veröffentlicht, die sich zunächst millionenfach als Schallplatten aus  Vinyl verkauft haben. Okay, Dein Plattenvertrag hätte etwas vorteilhafter sein können, dennoch sind Millionen auf Dein Konto geflossen.

Anfang der 80er Jahre kommt die CompactDisc auf den Markt und verspricht ein einzigartig geniales Hörerlebnis. Viele Deiner Fans wollen sich diesen Hörgenuss nicht entgehen lassen und kaufen sich Deine Alben ein zweites Mal, diesmal eben auf CD. Und wieder verdienst Du Millionen. Außer Dir freut sich mindestens genauso Deine Plattenfirma, da auch sie jetzt zweimal an den gleichen Alben verdient, deren Produktionskosten längst wieder eingespielt worden sind.

Fast-forward ins Hier und Jetzt: Heute wird Musik gestreamt und Deine Fans machen auch hier mit. Deine LPs und CDs stehen zwar weiterhin in ihren Regalen, da aber das Abspielen online leichter und schneller geht, hören sie nun ihre ganz persönliche Best-Of Sammlung Deiner Musik über Dienste wie Spotify, Apple und Konsorten. Und wieder verdienst Du Geld, inzwischen zum dritten Mal. Zwar nicht mehr so viel wie früher, aber Deine Villa mit Pool und einer Garage voller schneller Autos hast Du Dir schon vor über 20 Jahren gekauft; jetzt verdienst Du Geld für deren Unterhalt.

Vielleicht hast Du Deine Karriere aber schon in den 90ern beendet. Die Plattenfirma stellt keine Tonträger mit Deiner Musik mehr her, im Radio wirst Du so gut wie gar nicht gespielt, da Deine Musik zu hart oder zu komplex ist, um eine Belegschaft während der Arbeit zu berieseln. Aber jetzt können Deine Fans Deine Songs streamen und Dir damit einen kleinen zweiten Frühling bescheren – oder zumindest ein laues Lüftchen.

Und auch hier freut sich Deine alte Plattenfirma mit Dir, da sie wie immer mitverdient. Wer also eine derart lange Karriere vorweisen kann wie Du in Deiner wilden Imagination, konnte also seit der Erfindung der Popmusik mehrfach verdienen: LP, CD, Streaming (und zwischendurch ein paar bezahlte Downloads).

Aber was genau macht die Plattenfirma so glücklich? Es ist ihr Backkatalog: Songs und Alben, die schon vor vielen Jahren erschienen sind, sich bezahlt gemacht haben und nun weiterhin Geld einspielen, da sie immer wieder gekauft, gespielt und gestreamt werden. Der Backkatalog macht bei den Plattenfirmen den Löwenanteil des Umsatzes aus, ohne dass er großartig beworben werden muss.

Solange Deine alten Songs den Großteil der Kohle einspielen, kann Deine Plattenfirma auch gerne mal darüber hinwegsehen, dass neue Veröffentlichungen den Umsätzen der alten Klassiker deutlich hinterherhinken. Die alte Kuh gibt ja noch Milch.

Dieser Backkatalog ist für rund 75 Prozent aller Streams verantwortlich. Dabei schlagen die Streams von Major Artists die restliche verfügbare Musik im Verhältnis 6:1. Interessantes lieferte dazu das IPO aus dem Vereinigten Königreich: Der Anteil aller Künstler, die im UK im Jahr 2020 zumindest in einem Monat die Marke von einer Million Streams knacken konnten, lag bei weniger als einem halben Prozent (0,41%). Das entspricht grob betrachtet Einnahmen von 3.000 bis 5.000 Dollar pro Monat. 77 von 100 bleiben unterhalb der Marke von monatlich 1.000 Dollar.

Und die Plattenfirmen gestehen sich immer mehr selbst ein: neue Künstler auf den Markt bringen gestaltet sich zunehmend schwieriger. God bless the back catalog !!!

 

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Über Julian Angel

Julian Angel ist chartnotierter Rockmusiker mit Hollywood Filmmusik Credits, Eventproduzent und Organisator der MusicBiz Madness Konferenz, Deutschlands erster Musikbusiness Konferenz für Musiker.
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